Klappe die vierte: „WILLKOMMEN! Neue Besen – Alte Hasen“

Im vierten und in diesem Jahr letzten Willkommensritual lassen drei Neu-Mitglieder ihre Themen und Formen in Dialog mit denen dreier von ihnen ausgewählter Partner treten, die schon lang dem KBD angehören. 

Anstoß zu Gespräch und Dialog bieten diesmal folgende Neu- und Bestandsmitglieder:

Jonas Engelhardt betreibt ein Spiel mit Materialien wie Asche, Ton und Epoxidharz. Motivisch streift er Geburt, Kindheit und Tod. Mit dem Cross-Over-Artist Detlef Schweiger hat er sich einen Tandem-Partner gewählt, der in amorphen Formen antwortet. Ein Tusch auf die Kontraste!

In ganz konkreter Formsprache gehen die plastischen Wandobjekte von Pietro Sabatelli, der Gipsmodule im 45-Grad-Winkel arrangiert, und Gerd Küchler, dem Konstruktiven, in eine Resonanz der Zahlen.

Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur beschäftigt Ulrich Stolz. Der Landschaftsarchitekt und Raumstratege, hat sich für seinen Start im Künstlerbund Dresden Andreas Kempe an die Seite gestellt, der in das Archiv seines Vaters, eines Biologen und Umweltschützers zurückgreift.

Wir freuen uns also über Arbeiten der Tandem-Paare:

Jonas Engelhardt mit Detlef Schweiger
Pietro Sabatelli mit Gerd Küchler
Ulrich Stolz mit Andreas Kempe

Wir freuen uns über Ihren Besuch!

Eröffnung: 08.12.2022 | 18 Uhr;
Begrüßung: Katharina Lewonig und Jens Küster

Ausstellungsdauer:  08.12.22 – 12.01.23

Öffnungszeiten: Di und Do, 9.30 – 17 Uhr

MAG im Albertinum

Die Minimal Art Gallery (MAG), eine von Suntje Sagerer kuratierte Ausstellung en miniature, ist vom 8. bis 18. Dezember, zum Gast im Lichthof des Albertinum. Marten Schech  hat die Ausstellungsarchitektur entwickelt. Und für die Visuals in den sozialen Medien sorgt Anita Müller.

„Die Gunst der Stunde“, so der Untertitel der miniaturisierten Ausstellung in der Ausstellung, liegt in der Nutzung des Moments. Schließlich sieht Suntje Sagerer ihre Skulptur vor allem auch als eine Herausforderung (s. auch unser Interview vom 14.11.22).  In ihrer Intervention im Albertinum möchte sie, mit ihren Mitstreiter:innen, auf die Misstände im institutionalisierten und kommerzialisierten Kunstbetrieb aufmerksam machen.

Die Gunst der Stunde im Albertinum

Die hierzu von Marten Schech entwickelte modellhafte Ausstellungsarchitektur bietet auf kleinem Raum Platz für verschiedene künstlerische Positionen, deren Werke sich mit Spannungsverhältnissen zwischen Prekarität und Privileg, kommerzialisierten Strukturen und deren Subversion in- und außerhalb der Kunstwelt befassen.

Insbesondere die der MAG inhärenten Paradoxien einer unkommerziellen Kunstgalerie und eines autonomen Ausstellungsformats, das dennoch auf seine räumliche Platzierung angewiesen ist, setzen in ironischer Weise institutionenkritisches Potenzial frei. Die kuratierte Ausstellung en miniature fordert auf unterschiedlichen Ebenen dazu auf, in Zeiten von Unsicherheiten und Ungewissheiten über Kunst und Alltag als Schauplätze von Gelegenheiten zu reflektieren.

Neben Suntje Sagerer und Anita Müller ist mit Stephanie Lüning als Ausstellende ein weiteres KBD-Mitglied involviert. Die Ausstellenden hier im Überblick:

Marc Dion (US) | Suzanne Treister (UK) | Johanna Rüggen (DE) | Stephanie Lüning (DE) | Andre Wagner (DE) | Tai Shani (UK) | Anna Leonhardt (US) | Wilhelm Mundt (DE) | Melo Börner (DE) | Tobi Keck (DE) | Rosi Gibbens (UK) | Lucie Freynhagen (DE) | Andreas Ullrich (DE) | Nadja Kurz (DE) | Martin Honert (DE) | Jonas Lewek (DE) | Grit Aulitzky (DE) | Wayan Upadana (ID)

Eröffnung: 08.12.2022, 16 Uhr, Albertinum Dresden

(KBD/Christiane Schürkmann)

Banderole, Banderole

Unser Imageflyer hat jetzt auch seine Bauchbinde erhalten. Und schaut mal, Banderole, Banderole! Ob gefaltet oder in voller Länge ist sie doch ein Schmuckstück. Das Spiel mit Farbe und Form ist eröffnet. Damit es auch weiter lustig bleibt, sind wir dabei in Zusammenarbeit mit einer Dresdner Agentur eine neue Website zu erstellen. Arbeitstitel: Atelierverzeichnis. Wir geben euch damit nochmal mehr Sichtbarkeit und verhandeln dort vor allem auch die Raumfrage neu, die 2023 thematisch im Vordergrund unserer Arbeit stehen soll.

Gefährdete Kunstorte in Dresden

Suntje Sagerer hat ihr Konzept der Minimal Art Gallery (MAG) weiterentwickelt und gemeinsam mit ihrer Kollegin Lisa Maria Baier ein Projekt ins Leben gerufen, das die drängende Raumfrage sichtbar macht. Wir haben mit den beiden gesprochen.

KBD: Suntje, du hast schon 2014 ein Konzept entwickelt, bei dem du mit sehr wenig Raum auskommst. Was war damals dein Ausgangspunkt?

 Suntje Sagerer: Damals war es die Situation Künstlerin und gleichzeitig Mutter zu sein. Ich bin noch im Studium Mutter geworden und habe schnell gemerkt, dass ich nicht mehr genügend Zeit und Konzentration hatte.  Mein Kleinkind hat viel Aufmerksamkeit gefordert und trotzdem wollte ich meinen Job als Künstlerin nicht aufgeben, weitermachen. Wenn du einmal in Kunst denkst, denkst du schon beim Aufwachen darüber nach, wie du diese oder jene Idee am besten verwirklichen kannst und abends schläfst du damit auch wieder ein.

Du hast dann einen tollen Weg gefunden, als du bei deinen Eltern auf dem Dachboden stöbertest.

Suntje Sagerer: Ja, ich stieß dort auf die Puppenstuben-Utensilien meiner Kindheit und fing an, damit Szenerien aufzubauen. Ich baute mir kleine Räume aus Schachteln und begann diese Szenerien mit Puppen und Möbeln im DDR-Design zu fotografieren. In der dabei entstandenen Fotoserie Masters of Society ging es um unkonventionelle Familienbilder, also eher um das Gegenteil einer heilen Welt. Es war auch eine Art Reflexion meines eigenen Zustands. Die innere Welt intensiv nach außen zu bringen, das ist eine authentische Form von Kreation. Und darum geht es mir auch jetzt.

Zusätzlich zur Beschäftigung mit dir und deiner Situation verfolgst du inzwischen aber auch einen Ansatz, der nicht nur minimalistisch, sondern zusätzlich auch kollektiv ist.

Suntje Sagerer: Tatsächlich hat sich das schrittweise aus der Fotoserie, die ich 2013 in Shanghai zeigte, heraus so entwickelt. Mir fehlte der Kontakt zu Kollegen, ich hatte den Wunsch aus meiner Mutterrolle auszubrechen und in der Kunstwelt wieder mehr mitzuspielen. Aus meiner Sammel-Leidenschaft wurde die Minimal Art Gallery. Meine Idee war, eine Ausstellung mit echten Kunstwerken in das kleine Haus zu kuratieren, die Galerie in klein.

Indem du Kolleg:innen eingeladen hast, bei dir auszustellen, gelang es dir  am Ende, 18 Künstler:innen auf 2 m2 Raum unterzubringen. Wie hat sich das angefühlt?

Suntje Sagerer: Es war wirklich großartig, denn ich bekam genau das, was ich wollte und brauchte: Kontakt, Austausch und eine Menge Spaß! Und ich erinnere mich noch heute an alle einzelnen Positionen in dieser MAG und bin sehr dankbar für die tolle Unterstützung, für die vielen Ideen, denn das hatte ja auch einen großen integrativen Aspekt.

In diesem Jahr bist du noch einen Schritt weiter gegangen. Du hast in einem alten Camper einen „Artspace“ eingerichtet und nennst das MAG mobile. Was willst du hier neben bewegen?

Suntje Sagerer: Es geht auch darum, mit einer schwierigen Situation umzugehen und damit künstlerisch zu arbeiten. Konkret möchte ich auf die immer weniger werdenden Frei- und Kreativräume aufmerksam machen. Darauf, dass die Kunstwelt immer elitärer wird und dass, wer nicht aus wohlhabendem Elternhaus oder aus einer renommierten Künstlerfamilie stammt, kaum Chancen hat die gefragten überdimensionalen Werke zu schaffen.

Freiräume für Kunst zu erhalten, daraus ist jetzt ein Projekt in Kooperation mit Lisa Maria Baier entstanden. Wie seid ihr hier zusammengekommen?

Lisa Maria Baier: Wir sind Freundinnen und Kolleginnen. Suntje fragte mich, ob ich nicht ein Projekt in ihrem Bus machen wolle. Daraufhin habe ich ein Konzept entwickelt auf der Basis „Sleeping in my car- what if there is no room“.

Also, was machen, wenn ich am Ende im Auto schlafen muss, wenn ich mir alles andere nicht mehr leisten kann?

Lisa Maria Baier: Ja, tatsächlich ist es ja so, dass binnen kürzester Zeit jeder bezahlbare Projekt- und Freiraum besetzt und vermietet wird. Die Orte leisten damit immer einen großen Beitrag für das soziokulturelle Leben in Dresden. Doch dieses Engagement wird selten nachhaltig geschützt oder gefördert. Die Tendenz der Stadt Dresden kreative Freiräume und bezahlbare Ateliers, Proberäume und Werkstätten zu halten, sinkt deutlich. Gleichzeitig zeigt aber der Wille und die Bereitschaft vieler Menschen, solche Orte lebendig zu halten, dass es noch immer möglich ist, unkommerziell einen Freiraum ganz nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Du hast jetzt bereits einige Protagnisten der Freien Szene ins MAG mobile geladen und mit ihnen gesprochen.

 Lisa Maria Baier: Genau, ich habe bspw. Christiane Mennicke-Schwarz vom Kunsthaus in den Bus geladen, die Bildenden Künstlerinnen Claudia Kleiner und Sara Hoppe. Kamera, Schnitt, Ton, das sind außerdem meine Jobs.

 Was erhofft ihr euch von eurem Projekt?

 Wir wollen die Situation Kulturschaffender in Subkulturbereichen sichtbar machen. Wir wünschen uns Vernetzung. Und am Ende steht der große Wunsch nach subventionierten Kreativräumen im Stadtinnern.

Abschließend: Wo müssten die Stellschrauben gestellt werden, damit endlich was anders wird?

Lisa Maria Baier: Arbeitsräume müssen dringend auch durch Subventionen, durch öffentliche Gelder mitfinanziert werden. Um bestehende Kreativräume bezahlbar zu erhalten, müssten auch Gelder von der Hochkultur auf die Subkultur umverteilt werden. Deshalb ist unser Ziel auch, den mit Hilfe weiterer Interviews entstehenden Film zum Thema „Gefährdete Kunstorte in Dresden“ am Ende vor dem Rathaus, verbunden mit einer Kundgebung, zu zeigen. Wir wollen Herrn Hilbert an seine Versprechen erinnern.

Interview: Christine Gruler

Über diesen Link geht es zum Video von Lisa Maria Baier 

Aufruf: Jüdische Geschäfte in Dresden

Lisa Maria Baier, Neu-Mitglied im KBD seit diesem Frühjahr, und vielen schon bekannt durch die Medienberichterstattung über ihre politische Aktion in Görlitz, ruft euch um Hilfe für ihr neues Projekt:  „Geschäft gesucht“.

In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Gedenkbuch, der in Dresden die Namen von 7100 jüdischen NS-Opfern in Dresden erfassen konnte, hat Lisa Maria Baier bereits die Geschäftsstellen von über 70 jüdischen Unternehmer:innen ausfindig gemacht.

Es sei schwierig, erzählt sie, an diese Informationen zu gelangen, weil keine öffentliche Kartei der über die SA gelisteten jüdischen Geschäfte existiere. Anhand damaliger Zeitungsanzeigen konnte sie dennoch bereits ein Archiv aus alten Werbeplakaten der Jahre zwischen 1920 und 1938 erstellen, das auch die Namen der jüdischen Gewerbetreibenden sowie die Anschrift der Geschäfte enthält.

Weitere Beweise für erfolgreiches jüdisches Unternehmertun gesucht

Jetzt sucht sie weiter nach Beweisen für das erfolgreiche Unternehmer:innenleben der jüdischen Bevölkerung in Dresden. „Zusammen mit meinem Künstlerkollegen Christian Silvester Seemann haben wir Aufsteller gebaut,“ erklärt Baier,  „welche die Plakate als ‚Kundenstopper‘ zeigen. Unter der Überschrift: „Geschäft gesucht“.

Die Schilder waren am 9.11.2022 schon auf der Weißen Gasse, Ecke Wilsdruffer Strasse, im Öffentlichen Raum zu sehen und in Kooperation mit dem „Gang des Gedenkens“ auch vor dem Kulturpalast.

Als Anliegen formuliert Lisa Maria Baier: „Die Frage, wo die Geschäfte sind, soll die Vergangenheit in die Gegenwart rücken und Passant*innen dazu bringen, selbst Sensibilität und Neugier zu entwickeln, für das Archiv und dessen Erweiterung.“

Unter folgendem Link ist eine von ihr erstellte Karte einsehbar, die für Erweiterungen und Veränderungen offen ist:

https://www.google.com/maps/d/edit?mid=1Zgs3BWY3B1WlIPEA-1SkV97lakoKo98&ll=51.049778554267405%2C13.712542999999986&z=13

Und genau hier seid Ihr auch gefragt: Lisa Maria Baier ist für jede weitere Information,  jede Geschichte, jede Erinnerung und jeden Hinweis offen.

 

Willkommen! Neue Besen – Alte Hasen

Noch bis zum 24.11. präsentieren sich im inzwischen bewährten Gespann mit einem/einer jeweils selbst gewählten Tandem-Partner:in drei Neu-Mitglieder des Künstlerbund Dresden e.V. in der vierten Auflage des neu konzipierten Formats.

Jahna Dahms, die als Konzeptkünstlerin u.a. nach einer universellen Formensprache sucht, hat sich mit Ulrike Mundt eine Bestandskünstlerin ins Gespann genommen, die in Skulptur und Objekt an der Grenze zwischen Kunst und Design arbeitet.

Folker Fuchs hat sich malerisch und grafisch ausschließlich der Abstraktion verschrieben, während sich die von ihm gewählte Tandem-Partnerin Karen Koschnik sowohl in der Fläche als auch im Objekt immer im Bereich des Figurativen bewegt.

Ana Pireva, deren Papierarbeiten zuweilen auch in die dritte Dimension wachsen und zu raumfüllenden Installationen werden können, findet in Doris Titze ein Bestandsmitglied, zu deren zeichnerischer Haltung sie sich hingezogen fühlt.

Wir freuen uns also über Arbeiten der Tandem-Paare:

Jahna Dahms mit Ulrike Mundt
Folker Fuchs mit Karen Koschnik
Ana Pireva mit Doris Titze

Schaut vorbei!

Eröffnung: 27.10.2022 | 18 Uhr; Begrüßung: Marion Kahnemann und Janina Kracht

Ausstellungsdauer:  27.10. – 24.11.2022

Öffnungszeiten: Di und Do, 9.30 – 17 Uhr

 

Headerbild: Folker Fuchs, Ohne Titel, Gouache auf Papier, 2022

14. Biennale sächsischer Druckgrafik

Der Herbst ist da. Aber in Chemnitz fallen keine Blätter. Bis zum 20.11.2022 bringt die Neue Sächsische Galerie Chemnitz stattdessen Blätter an die Wand von vielen, die in der sächsischen Grafik-Landschaft pointiert Position beziehen.

Hundert Grafiken, ein Fokus: Bei dieser 14. Ausgabe der Biennale sächsischer Druckgrafik möchte die Neue Sächsische Galerie konzentrieren auf „untergründige gesellschaftliche Prozesse (…), die zunehmende Kälte des gesellschaftlichen Klimas ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken und auf den Nullpunkt als Umkehrpunkt und gleichzeitigen Teil einer Skala für prozessuale Wahrnehmungen verweisen.“ Mit dem Titel „Unter Null“ sollen gesellschaftliche Verwerfungen und Prozesse, die unter der Oberfläche brodeln angesprochen werden, so der Veranstalter.

Chris Löhmann, hier im Foto (Peter Hofmann) beim Druck seiner Arbeit „Night and fog (das jüngste Gericht)“, ist mit zwei Arbeiten vertreten.

Weitere beteiligte Künstler:innen des Künstlerbund Dresden: Hubertus Giebe,  Helene Heyder, Chris Löhmann, Maja Nagel, Detlef Schweiger, Karola Smy, Wolfgang Smy, Frank Voigt, Theresa Wenzel

Unter Null – Ausstellung vom 20.09. bis 20.11.2022 in der Neuen Sächsischen Galerie Chemnitz

Mehr Informationen zu Führungen, und Veranstaltungen hier.

 

Neue Legislatur – neuer Vorstand

Ein neuer Vorstand ist gewählt und wird nun wieder für ein Jahr die Geschicke des Künstlerbundes mit lenken.
Ihm gehören an:
Thomas Hellinger, Marion Kahnemann, Karen Koschnick, Janina Kracht, Jens Küster, Katharina Lewonig, Christian Rätsch, Günter Schöttner, Ulrich F. Stanke und Moritz Wippermann.

Einfach ankommen?!

In unser neuen Mitgliederausstellung , die im Rahmen der Interkulturellen Tage Dresden stattfindet, möchten wir Migrationsgeschichten eine Stimme geben. Und stellen fest:  Zwischen Flucht, Reise und innerer Ankunft liegen oft Welten. 

Eine junge Frau hat ihren Kopf über ihren Rucksack gelegt. Ist sie nur erschöpft von der Reise oder verbirgt sie auch Trauer und Verzweiflung, die Heimat verlassen zu haben? Die Bulgarin Maria Chepisheva verdichtet in ihren Zeichnungen das transitorische Moment des Reisens. Immer scheint ein Gefühl der Ungewissheit über den Ausgang der Reise mitzuschwingen. Denn wie es sich am Zielort entwickelt, ist vollkommen offen.

Einfach ankommen jedenfalls, sieht anders aus. Als Juan Miguel Restrepo Valdes vor etwa acht Jahren nach Dresden kam, so erzählt er, da ging es ihm, zumindest in der ersten Zeit, richtig schlecht. In einem Selbstporträt aus der Zeit zeigt er sich vollkommen eingeschnürt, hängend, die Farben gedeckt. Ein weiteres Selbstporträt, das jetzt in der Ausstellung im Künstlerbund unmittelbar daneben platziert ist, zeigt ihn dagegen aufrecht sitzend vor leuchtend rotem Grund – mit einer Protea in der Hand (Titelbild).

Die Blume ist ein Symbol für Hoffnung, für Vielfalt und Veränderung. Und tatsächlich gelingt Restrepo, der in Kolumbien zunächst Architektur, in Marburg dann Kunstgeschichte und Bildende Kunst studiert hat, mit diesem Porträt ein vielschichtiges Abbild seiner selbst. Basierend auf zwei Selbstporträts von Otto Dix, den er in Dresden für sich entdeckte, künden die altmeisterliche Manier wie auch die Bildkomposition von seiner Begeisterung am Zitat historischer Vorbilder genauso wie von einem geübten Umgang mit Zeichensprache.

Migration aus kindlicher Perspektive

Wie Bilder zu Zeichen werden, die von Migration aus kindlicher Perspektive erzählen, darin ist die Illustratorin Annette von Bodecker-Büttner meisterhaft geübt. Seit über zehn Jahren arbeitet sie mit der deutsch-libanesischen Autorin Andrea Karimé zusammen und hat unlängst auch deren Kinderbuch „Mondkaninchen“ bebildert. Darin macht Zaki seinen beiden jüngeren Schwestern Layal und Sara Mut, indem er ihnen von einem Tier erzählt, das eine Flucht hinter sich hat.

Gemeinsam mit Elena Pagel, die aus Sibirien stammt, hat von Bodecker-Büttner bereits 2017 in einem Projekt gearbeitet, das geflüchteten Frauen eine Stimme gibt (Bild: Still aus „Kurz vor dem Sonnenaufgang“) und Kunst als Mittel nutzt, Emotionen und Erlebtes zu verarbeiten. Das Buch „Stimmen. 47 Geschichten Dresdener Frauen aus aller Welt“ ist dieses Jahr erschienen und während der Ausstellung ebenfalls in der Bibliothek einsehbar.

Letztere, die Bibliothek, wird außerdem für Lesung und Ausstellung genutzt.

Sabine Heinrich, KBD-Mitglied und Vorsitzende des Vereins Buchkinder e.V., arbeitete zuletzt mit Kindern von arabischen Geflüchteten und Kindern aus dem Stadtteil Prohlis gemeinsam im KIEZ – Kultur im Einkaufszentrum. Eine riesige Wandcollage bringen sie und die Kinder neben kleineren Arbeiten mit.

Flucht und Ankommen im Alltag

Berührende Gespräche mit geflüchteten Erwachsenen aus unterschiedlichen Ländern sind außerdem ein weiterer Gegenstand der Arbeit von Elena Pagel. Ein Dokumentarfilm von 2017 sowie ein Ausschnitt ihrer Sammlung von Lebensgeschichten ukrainischer Frauen, die seit dem 24. Februar 2022 ihre Heimat verlassen haben, sind während der Dauer der Ausstellung zu sehen. Dass die Flucht, nicht nur im Boot über das Meer, wie Carsten Gille sie in seinem Ölbild schildert, viele dunkle Momente mit sich bringt, das klingt in den Interviews mehrfach an. Durch das Beobachten alltäglicher Situationen hinterfragt Michaela Egdmann in ihren Farbkreidezeichnungen das Gelingen von Integration.

Ricardo Pacheco, der seit 2015 Mitglied im Künstlerbund und aus Portugal nach Dresden gezogen ist, hielt seine Arbeiten erst zu abstrakt für die Thematik der Schau. Doch wer genau hinschaut, erkennt als verbindendes Motiv, den Traum Wurzeln zu schlagen. Einfach anzukommen.

Die Ausstellung „Einfach ankommen?! Migrationsgeschichten eine Stimme geben“ vereint acht unterschiedliche Positionen von Mitgliedern des Künstlerbund Dresden e.V. unterschiedlichster geographischer, kultureller und künstlerischer Herkunft.

„Einfach ankommen?! Migrationsgeschichten eine Stimme geben“

Eröffnung: 15.09.2022 | 18 Uhr
Ausstellungsdauer:  15.09. – 11.10.2022
Öffnungszeiten: Di und Do, 9.30 – 17 Uhr
Ort: Künstlerbund Dresden e.V., Hauptstraße 34 (Eingang Ritterstraße), 01099 Dresden

Come-together: 24.09.2022 | ab 15 Uhr; mit Lesung: Annette von Bodecker-Büttner und Druckwerkstatt: Sabine Heinrich, Buchkinder e.V.

Mit Arbeiten von: Annette von Bodecker-Büttner | Maria Chepisheva |Michaela Egdmann | Carsten Gille| Sabine Heinrich und Kinder aus Projekten des Vereins Buchkinder e.V. | Ricardo Pacheco| Elena Pagel | Juan Miguel Restrepo Valdes

Tina Wohlfarth gewinnt mit Ophelia

Wir gratulieren unserem Mitglied: Die Dresdner Künstlerin Tina Wohlfarth hat einen der fünf Förderpreise der Internationalen Grafik-Biennale des renommierten National Taiwan Museum of Fine Arts gewonnen. 

Ophelia, eine Figur aus Shakespeares „Hamlet“ hat bereits viele Künstler:innen angeregt. Bekannt ist vor allem die im Flussbett dahintreibende Schöne von John Everett Millais.

Wie ihr Agent mitteilte, überzeugte Tina Wohlfarths „Ophelia 1/7“  mit einer Kombination aus Schabtechnik und Papierschnitt in dem weltweit ausgeschriebenen Druckgrafik-Wettbewerb eines der größten Museen Asiens. Wohlfarth ist eine von zehn auf der Museums-Homepage veröffentlichten Gewinnern. Sie sei die einzige Deutsche unter den 187 Finalisten aus über 40 Ländern. Mehr als 1000 Künstler:innen hätten Arbeiten eingesandt.


Foto: Diana Klunker

Bereits 2018 habe Wohlfarth den Gold Prize des Wettbewerbs gewonnen, bei noch stärkerer Konkurrenz von 2000 Künstler:innen aus 85 Ländern. Ihr Erfolg sei umso bemerkenswerter, da Kunsttechnik im druckgrafischen Bereich in asiatischen Ländern einen hohen Stellenwert habe.

Teil des Merit Preises ist auch eine Reise zur diesjährigen International Biennal Print Exhibit , die im August zu sehen ist. Neben der Präsentation in der Ausstellung wird Wohlfarth ihre Arbeit dort auch in einem Vortrag vorstellen.

Wohlfarth stammt Thüringen. Sie studierte an der Hochschule für Bildende Künste Dresden und war Meisterschülerin von Elke Hopfe und Martin Honert. Jetzt lebt und arbeitet sie in Dresden und ist Mitglied im Künstlerbund Dresden.