WILLKOMMEN! Neue Besen – Alte Hasen

Maria Morgenstern, Vage, Fotografie, 2023

Zur siebten Auflage des sympathischen Begegnungsformats im Künstlerbund Dresden haben sich acht Künstler:innen im Tandem zusammengefunden.

Neu-Mitglied Regine Bartholdt präsentiert zwei Werke der Serie „Lichtgrafik“, die, ausgehend von einer künstlerischen Idee, dann innerhalb eines fotografischen Prozesses entstehen. Die Inszenierung der Formen mit den Farben des Lichts, deren Schichtungen und Überlagerungen stehen dabei im Fokus.  Mit Angela Knöckel-Reihnöl verbindet sie die konkret-konstruktive Kunst. Letztere hat sich als Tandem-Partnerin sogar direkt auf eine der Lichtgrafiken bezogen und eigens für das WILLKOMMEN eine neue Arbeit geschaffen. Ähnlich wie Barthold untersucht sie in ihrer Malerei das Prinzip von Durchdringung, Überschneidung und Abgrenzung –  hier übrigens anhand eines urbanen Grundrisses in Dresden.

Die figürliche Darstellung von Mensch und Tier ist  Ausgangspunkt der künstlerischen Arbeit des Holzbildhauers Carsten Bürger. Sein Anliegen ist es, der Wesenhaftigkeit des Seins nachzuspüren und dafür eine glaubhafte Darstellung von Körperlichkeit zu finden.  Mit Oskar Staudinger wählt er sich ein Bestandsmitglied, der u.a. auch in seinem Nebenjob in der Pathologie dem Wesen vom Sein gründlich auf der Spur ist und der seine figurativen Arbeit darüberhinaus auch als Einladung versteht, über die wesentlichen Dinge nachzudenken sowie eigene Interpretationen zu finden.

Die Malerin Vera Lang, deren Lieblingsmetapher fließendes Wasser ist, hat es bei der Suche nach einem Bestandsmitglied in unserer Mitgliederliste bis zum Buchstaben K gemacht. Hier wurde sie fündig. In Lucia Maria Kaiser trifft sie neben der Energie Licht, die Lucia schon im Vornamen trägt, auch eine Person,  die sie gleich beim ersten Besuch sympathisch findet. In einem gemeinsam gewählten Format treten die beiden jetzt auch in der Ausstellung sichtbar miteinander in Dialog.

Maria K. Morgenstern interessiert in ihren Arbeiten das Spiel mit den Prozessen von Verbergen und Enthüllen. Sowohl in ihren seriell angelegten Tuschearbeiten, als auch in ihren Fotografien finden sich immer wieder Aspekte, die sie in darauffolgenden Arbeiten erneut aufgreift und entweder beantwortet oder negiert. In dieser Ausstellung zeigt sie ihr künstlerisches Schaffen an der Serie „Vage“ (Haufen). Fee Vogler, die sie zufällig kennenlernte, zeigt in Anlehnung an den Titel der Ausstellung, neue und alte Arbeiten. Es sind Zeichnungen, Fotogramme und Collagen, die sie ebenfalls in Fotos festhielt und eigens für die Ausstellung auf Alu-Dibond bannte.

Im Tandem präsentieren sich vom 07.09. – 05.10.2023:

Regine Bartholdt mit Angela Knöckel-Reinöhl
Carsten Bürger mit Oskar Staudinger
Vera Lang mit Lucia Maria Kaiser
Maria K. Morgenstern mit Fee Vogler

WILLKOMMEN: 19 Uhr, Karen Koschnick und Thomas Hellinger

www.licht-grafik.de
www.knoerei.com

www.carstenbuerger.com
www.oskarstaudinger.com

www.vera-lang.de
www.lucia-maria-kaiser.de

www.mariakatharinamorgenstern.de

 

Titelbild: Maria Morgenstern, „Vage“, Fotografie, 100 x 70 cm, 2023

PAST: „LIEBE UND BENZIN“ Stefan Brock

Wir präsentieren unsere erste Ausstellung im neuen Off-Space „3W1F“ des Künstlerbundes Dresden!

LIEBE UND BENZIN mit STEFAN BROCK

Eröffnung: 15.09.2023 ab 19 Uhr
Ausstellungsdauer: 16.09. bis 14.10.2023
VERLÄNGERT bis 19.10.2023!!!

Montag – Sonntag 19 – 23 Uhr (durch das Schaufenster)
Dienstag & Donnerstag 14 – 17 Uhr 
(zu den Geschäftszeiten der Geschäftsstelle des Künstlerbundes)

ÜBER STEFANS KUNST:

In meiner Malerei setze ich mich in bevorzugt großen Bildformaten mit verschiedenen Erzählungen des Menschseins auseinander. Dabei bediene ich mich medialer Bilder aus Filmen, oder Magazinen, die ich in Bildarchiven finde, sowie inszenierten Porträtaufnahmen aus meinem sozialen Umfeld. Entscheidend sind dabei nicht die Referenzen auf einen speziellen Film, eine spezielle Erzählung, sondern einzig das mediale Image, das in mir eine Resonanz erzeugt und zum archetypischen Stellvertreter in einem stilistisch aufgeladenen Setting wird. Finde ich ein mediales Vorbild interessant, so verfremde ich es im nächsten Schritt mit Versatzstücken aus anderen Bildern, morphe Gesichter, mache unkenntlich oder verstärke und finde in diesem Prozess zu einer digitalen Collage, die dann das Vorbild für eine neue Malerei wird. Inspiriert von der Malerei des Barock und der Renaissance, dieser Hochzeiten malerischer Figuration, setze ich die Bilder in Öl auf Leinwand oder Holz um. Wichtig sind mir hier vor allem die (kunst)historischen Aufladungen, die die Ölmalerei mit sich bringt- gemalt wurden Menschen von Ansehen, Besitztümer, oder religiöse Sujets die als Masterplots dienten. Ölmalerei ist ein Medium, das in postkolonialen Kontexten kein schuldloses ist und in seiner Bildsprache Machtstrukturen verfestigt hat. Diese Kraft fasziniert mich und in einer gefühlten Umkehrung von High- und Low-Culture setze ich die schnelllebigen Charaktere, die ich teilweise den Massenmedien entleihe auf den bildnerischen Thron der vormals vor allem Adelsgeschlechtern vorbehalten war.

Dabei ist es besonders die Bildkultur von Hollywood, die mein Empfinden medialer Images geprägt hat. Eine immense Maschine, die das Lebensgefühl mehrerer Generationen und Kontinente durch Werbung und Filme mitbestimmt hat. Mein Verständnis von Malerei ist kein Sensitives, in meiner Malerei gibt es keine suchende Geste, meine Malerei hat keinen Duktus, sondern die glatte Oberfläche einer Werbetafel oder eines Fernsehbildschirms und entspricht so auf formaler Ebene meinen Bildwelten, denen der Bezug zu Pop-Art und Fetisch nicht fern ist.
Damit möchte ich auch auf den Prozess einer medialen Identitätskonstruktion verweisen, der sich stetig entwickelt um uns gegenseitig unsere Erfahrungen und Gefühle zugänglich zu machen.

Mehr Kunst von Stefan Brock findest Du auf seiner Webseite!

9. KÜNSTLERMESSE DRESDEN

Nur noch wenige Tage – dann ist die Frist um. Bis zum 30. September könnt ihr euch im Online-Formular unter www.kuenstlermesse-dresden.de bewerben.

Die 9. KÜNSTLERMESSE DRESDEN ist das größte Verkaufs- und Kontaktforum der Bildenden Kunst in Sachsen und wird vom 22. bis 24. März 2023 im Deutschen Hygiene-Museum Dresden stattfinden. Mitten im Herzen der Stadt. Zwischen Robotron-Kantine und Großem Garten.

Hier geht es zur Künstlermesse-Seite und hier direkt zum Bewerbungsformular.

NEU: Bewerbungsberechtigte Akteure können sich ihren Stand auch mit Künstler:innen teilen, die nach den Kriterien zwar nicht teilnahmeberechtigt sind, aber professionell in der Bildenden Kunst arbeiten. Wer Hilfe braucht bei der Bewerbung, meldet sich über kontakt@kuenstlermesse-dresden.de.

 

Reinlesen

Holger Kasten Grauberg, Mitglied im KBD, Absolvent der HfBK Dresden, gestaltet als Künstler nicht nur selbst. Bereits während seiner Studienzeit besuchte er Kommiliton:innen in ihren Ateliers, um sich mit ihnen direkt auszutauschen. In Ateliergesprächen setzt er das heute fort und teilt seine Neugier auch, indem er die transkribierten und dann mit den Künstler:innen abgestimmten Texte veröffentlicht.

Heft 4 ist gerade frisch fertig gestellt und versammelt gleich drei Besuche und deren fachlichen Austausch. Wir empfehlen Hinschauen, Reinlesen. Mit Ulrike Mundt und Jana Morgenstern sind zwei Mitglieder dabei.

Hier geht es zur Lektüre.

 

© Holger Kasten Grauberg, Ausschnitt, Titelseite Heft 4

SKD suchen für Sonderausstellung Freie Mitarbeiter:in

Die Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) suchen eine Freie Mitarbeiter:in für das Begleitprogramm der vom 10.11.2023 bis 18.02.2024 im Kupferstichkabinett geplanten

Sonderausstellung „Postkartenkilometer. Künstlerkarten in Europa von 1960 bis heute“.

Es handelt sich um ein Vermittlungsangebot im Rahmen des Lernort Residenzschloss. 

Wir freuen uns sehr, dass die Abteilung Bildung und Vermittlung im Gespräch mit uns, jetzt ein deutlich höheres, als das bisher übliche Honorar, anbietet. Wir sind uns einig, uns auch zukünftig gemeinsam für eine fairere Bezahlung  einzusetzen, so dass wir auch weiterhin Ausschreibungen dieser Art auf unseren Seiten veröffentlichen werden.

Hier geht es zur Ausschreibung.

Zu Besuch im Atelier bei Chris Löhmann

Katharina und Theresa Arlt, Schwestern und Kunsthistorikerinnen, bekannt auch durch ihre Einführungen zu Ausstellungen, produzieren den Podcast „Kunst und, das jetzt!“. In ihrer aktuellen Folge sind zu Gast bei KBD-Mitglied Chris Löhmann. 

Für alle, die sich vor seinen Zeichnungen stehend schon gefragt haben,  woraus der erst 34-jährige in seiner ausufernden Bildwelt schöpft, liefert dieses sehr persönliche Gespräch Aufschluss. Auch darüber, dass Freital eine Stadt ist, in der es sich durchaus gut leben lässt. Und dass Chris Löhmann Ideen hätte wie er die Zeichenkunst auf ideale Weise weitergibt, verrät er in dieser Folge auch. Wir empfehlen: Hinhören!

Kunst, und das jetzt! | Podcast on Spotify

Foto: Adam Dreessen (@adamdreessen)

30 Minuten Kunst mit Svea Duwe

„30 Minuten Kunst“ heißt der Podcast des Dresdner Journalisten Jens Trocha, in dem er bislang mit Kurator:innen und Kunstvermittler:innen durch Ausstellungen führte.

Wir haben uns schon im letzten Jahr an ihn gewandt, um ihn für einen Messe-Podcast zu gewinnen und bleiben auch weiterhin in Kontakt mit ihm, denn inzwischen hat er Gefallen gefunden am Gespräch mit Bildenden Künslter:innen.

In seinem ersten Podcast dieser Art spricht Jens Trocha mit Svea Duwe über den Skandal um ihre temporäre Installation am ersten deutschen sowjetischen Ehrenmal, über ihren Weg, eine etablierte Künstlerin zu werden und darüber, wie sie die Aufführungspraxis in ihr Werk integriert. Für den Journalisten ein Gespräch, das beim ihm noch nachhallt und offenbar mit über 1000 Downloads in drei Tagen belohnt auch auf breiteres Interesse stößt.

Wer sich dafür interessiert,

Hier geht es zum Hören.

Außerdem hier auch ein Link zur Künstlerin und zur Dokumentation ihrer Installation.

Foto: Jens Trocha

 

PAST: „PREVIEW“ mit COCKTAIL NAPKIN

An 25 Orten Ausstellung und Programm: Wir sind am 15. Juni dabei zur Langen Nacht der Galerien & Museen im Barockviertel und sorgen für das richtige Aufputschmittel zwischendurch.

Um 20.30 Uhr servieren uns Cocktail Napkin eine Mischung aus Ikonografie, Semiotik und wirklich guten Kostümwechseln. Mit Oliven und einer Spur von Identitätsdiebstahl. “Bei uns ist immer Happy Hour, aber die Snacks sind nicht umsonst,” sagen Casey Ouzounis und Caroline Beach über sich. Gemeinsam spielen sie damit, wie Pop die Kultur im Körper verpackt, und schütteln Musik und Performance zu etwas zusammen, das man am besten nicht vor 5 trinkt. Also, die Uhrzeit passt – fehlt nur noch ihr. Seid herzlich eingeladen zu diesem Live-Act um halb neun, Auftakt für unseren neuen Off-Space.

Auftakt für einen neuen Off-Space

An 25 Orten Ausstellung und Programm: Wir sind am 15. Juni dabei zur Langen Nacht der Galerien & Museen im Barockviertel und sorgen für das richtige Aufputschmittel zwischendurch.

Um 20.30 Uhr servieren uns Cocktail Napkin

eine Mischung aus Ikonografie, Semiotik und wirklich guten Kostümwechseln. Mit Oliven und einer Spur von Identitätsdiebstahl. „Bei uns ist immer Happy Hour, aber die Snacks sind nicht umsonst,“ sagen Casey Ouzounis und Caroline Beach über sich. Gemeinsam spielen sie damit, wie Pop die Kultur im Körper verpackt, und schütteln Musik und Performance zu etwas zusammen, das man am besten nicht vor 5 trinkt.

Also, die Uhrzeit passt – fehlt nur noch ihr. Seid herzlich eingeladen zu diesem Live-Act um halb neun, Auftakt für unseren neuen Off-Space.
Außerdem zu sehen sind Arbeiten von

Tom Böhm & Michal Melerski
Noemi Durighello & Ulrike Mundt
Heinz Schmöller & Lucas Oertel
Sabine Schober & Ulrich F. Stanke

in unserer aktuellen Willkommensausstellung.

See you soon!

Foto: Amelie Sabah

Meine eigene Sprache wiederfinden

Nazanin Zandi ist mit einem der beiden diesjährigen Förderpreise der Landeshauptstadt Dresden ausgezeichnet. Aus sechs Monaten Aufenthalt während ihres Studiums sind inzwischen 27 Jahre geworden. Mit uns spricht sie über das, was sie aktuell am meisten umtreibt. 

KBD: Herzlichen Glückwunsch zum Förderpreis, liebe Nazanin. In der Erklärung der Jury wird insbesondere betont, dass du Text und Bild nutzt, um marginalisierte Stimmen sicht- und hörbar zu machen.

NZ: Auf unterschiedliche Weise. Früher habe ich sehr viel gemalt und dort auch Schrift und Bild verbunden. Außerdem bin ich seit meiner Kindheit ein großer Fan von Comics und Graphic Novels, auch weil mein bester Freund in Italien eine große Sammlung und viel Wissen hatte.

Langezeit spielte das keine große Rolle mehr in meinem Leben, bis es dann für das Projekt „Stimmen“ wichtig wurde.

KBD: Wir haben bei den vergangenen Interkulturellen Tagen das Buch*, das ein Produkt dieses Projekts ist, mit in unserer Mitgliederausstellung gezeigt. Magst du zum Hintergrund etwas mehr erzählen? 

NZ: Elena Pagel und ich haben jahrelang Kurse für Geflüchtete gegeben, an unterschiedlichen Orten in Dresden, und dabei ausschließlich Männer dabeigehabt. So kam es 2018 zu der Idee, auch Frauen zu Wort kommen zu lassen. In den Comic-Workshops haben sich die Frauen dann kurze Geschichten aus dem Leben erzählt und sie gezeichnet. Als wir bspw. einmal über Spiele im Schulhof sprachen, bemerkten eine peruanische und eine persische Frau, dass sie das gleiche Spiel kennen. Neben Unterschieden zeigten sich bei aller Vielfalt auch immer überraschend irgendwelche Parallelen.

KBD: Neben der Interkulturalität habt ihr aber noch anderes angestrebt.

NZ: Wir wollten nicht nur Frauen unterschiedlicher Nationalitäten einladen, sondern uns auch allen sozialen Schichten öffnen – wir hatten Staatsanwältinnen und Ärztinnen, genauso wie Analphabetinnen, also tatsächlich eine sehr große Bandbreite. Und es sind auch deutsche Frauen dabei gewesen, denn ganz wichtig ist uns dabei die Integration.

KBD: Vom Workshop zum Buch, ein langer Weg?

NZ: Oh ja, vor allem die Finanzierung war äußerst schwierig, denn auch wenn die Stadt von der Idee begeistert war, so kam doch nur wenig finanzielle Unterstützung. Aber erst mal zurück zum Anfang: Die Idee zum Buch kam mir mit den „Good night stories for rebel girls“, einem Band, den meine Schwester aus Italien meinen Töchtern schenkte. Da sind 100 Lebensläufe von Frauen aus aller Welt von 100 unterschiedlichen Illustratorinnen begleitet. So kam ich auf die Idee, ein sehr spezifisches Dresdner Buch zu machen. Ich wollte damit auch auf die besondere Situation dieser Stadt, die sehr gespalten ist, reagieren. Neben wahren Geschichten ging es mir auch um unterschiedliche Stile.

KBD: Die Autorinnen sind also die Teilnehmerinnen der Kurse und dann gibt es da die gezeichneten Bilder, die auch von unterschiedlichen Illustratorinnen stammen?

NZ: Ja, mir war wichtig, dass es über eine Dokumentation raus geht und wirklich auch ein schönes Objek wird. Am Ende haben wir trotz Covid 74 Veranstaltungen in sechs Monaten gehabt. Über die ganze Stadt verteilt waren das Workshops, Atelierbesuche und vor allem die Tandem-Sitzungen, bei denen Autorinnen und Illustratorinnen dann zusammensaßen, Fotos aus der Kindheit anschauten und erzählten. Manchmal waren Übersetzer dabei. Insgesamt war ein Riesen-Netzwerk von Menschen beteiligt, was auch sehr viel Koordinationsarbeit einschloss.

KBD: Das Buch ist sogar in sieben unterschiedlichen Sprachen erschienen, denn neben der Muttersprache der Autorinnen gibt es natürlich immer auch den deutschen Text. Sieben Sprachen sprichst du auch selbst, habe ich gelesen. Mir scheint, das Buch ist in vielerlei Hinsicht wie ein Kulminationspunkt in deiner Laufbahn.

NZ: Ja, das trifft es wirklich, das ist es! Ein gutes Bild. Hier fließt vieles zusammen: das Soziale, das Politische – ich nutze es jetzt auch in der Politischen Bildung in Zusammenarbeit mit der TU Dresden. Aber natürlich auch das Künstlerische. Ich bekomme jetzt sehr viele Illustrationsaufträge, das ist ein Traum, den ich schon lange träume. Ich bekomme auch Aufträge für Workshops in politischer und kultureller Bildung mit Kindern und Erwachsenen, mit Schulen, mittlerweile in ganz Sachsen. Ich war innerhalb weniger Monate in Zittau, Dippoldiswalde, Bautzen und in Freital.

KBD: Wie ist es an anderen Orten? Erlebst du da einen Unterschied?

NZ: Nein, und das ist für mich eine sehr große Überraschung. Ich hatte z.B. einen Workshop an einer Schule in Dippoldiswalde und wurde einige Monate lang vorgewarnt: Achtung, hier gibt es in der Klasse Rechtsradikale, die werden dich stören. Aber das stimmte nicht. Alle, wirklich alle haben bis zum Ende mitgemacht und ihre Geschichte gezeichnet.

KBD: Das ist auch ein Workshop, in dem du mit Comics arbeitest?

NZ: Ja, wir arbeiten mit Comics und biographisch. Ich erzähle Geschichten aus dem Comicbuch, die Jugendlichen erzählen mir von sich und durch die Comics ist da schon etwas Jugendliches, das sehr verbindend ist. Dabei mache ich alles aus dem Bauch raus, habe aber durch die 10jährige Erfahrung kleine Tricks wie etwa persönliche Geschichten über Mobbing und Diskriminierung in Obst- und Gemüsegeschichten umzuwandeln. Das schafft ein bisschen Distanz, das anonymisiert und macht es leichter, die schweren Dinge zu erzählen.

KBD: Am Ende hast du es also geschafft, dass sich dir auch die angeblich schwierigen Jugendlichen öffnen?

NZ: Auch wenn es nicht immer idyllisch ist, ich bin jedes Mal positiver zurückgekehrt und so oft überrascht worden, weil die Jugendlichen sich mir geöffnet haben.

KBD: Nazanin, mit dem Förderpreis ausgezeichnet zu werden, beinhaltet nicht nur Anerkennung. Es schließt auch den Wunsch der Stadt ein, das kulturelle Schaffen der Geförderten möge die Stadt weiterhin bereichern. Wie sieht es mit deinen eigenen Wünschen aus?

NZ: Es war für mich eine große Überraschung, ich habe nicht damit gerechnet. Jetzt kommt es ganz langsam bei mir an, und trotzdem bin ich zwiegespalten. Denn als projektbezogen Arbeitende bleibe ich gefühlt immer in der Rolle einer Bittstellerin, der man mit gefühlter Großzügigkeit etwas gibt. Wir sind aber leider immer noch unterbezahlt und können nicht von unserer Arbeit leben.

Was nicht heißt, dass ich die Projektarbeit nicht liebe. Ich liebe sie sogar sehr. Auch das Arbeiten im Team. Ich liebe den sozialen Aspekt des Interkulturellen und es gefällt mir, dass ich meine sieben Sprachen verwenden konnte. Aber mir fehlt gerade sehr meine eigene künstlerische Sprache. Seit Jahren rede ich mit mir selbst nicht mehr, finde keine Zeit, an der Staffelei zu malen – ohne Auftrag. Das wünsche ich mir sehr, dafür wieder Zeit zu haben.

Interview und Foto: Christine Gruler

* Stimmen. 47 Geschichten von Dresdner Frauen aus aller Welt in Wort und Bild. Hrsg. von Nazanin Zandi und Elena Pagel, Sandstein Verlag , 2021